Bei der Auswahl von Pflegetagegeld-Policen stehen meistens die Leistungen in Pflegestufe III im Fokus von Beratern und Kunden. Dabei landen die meisten Pflegefälle in den niedrigeren Pflegestufen. Gerade bei Demenz droht so eine Unterversicherung.
„Das ist ein enormes Wachstum um fast ein Viertel des Bestands.“ Uwe Laue freut sich. Der Vorsitzende des PKV-Verbands kann auf der Jahrespressekonferenz Mitte März in Berlin gute Zahlen verkünden. Gerade in der privaten Pflegeversicherung geht derzeit richtig die Post ab: 353.400 Pflege-Bahr-Verträge schlossen die Deutschen im vergangenen Jahr ab. Dazu noch 174.100 ungeförderte Policen. Der Bestand legte damit um mehr als eine halbe Million auf über 2,7 Millionen Versicherungen zu.
Das sind gute Nachrichten. Denn Deutschland steuert als alternde Gesellschaft auf eine verquere Lage zu, wenn alles so bleibt wie jetzt. Im Alter steigt das Risiko, zum Pflegefall zu werden, dramatisch. Unter 60 Jahren beträgt die Wahrscheinlichkeit 0,7 Prozent, bei über 80 Jahren steuert sie stramm auf die 30-Prozent-Marke zu. Nun liegt der Anteil der über 80-Jährigen in Deutschland derzeit noch bei gut 5 Prozent. 2050 werden es laut Schätzungen aber schon drei Mal so viele sein.
Das Problem: Pflege ist teuer
Das Analysehaus KVpro.de hat auf der Grundlage von Zahlen des Statistischen Bundesamts einmal die Kosten für einen heute 35-jährigen Mann berechnet. Landet er in Pflegestufe III und muss er stationär gepflegt werden, kostet das alles zusammen rund 4.400 Euro pro Monat (wobei sich die Einschätzung der Kosten durchaus unterscheidet. Eine andere Sichtweise nimmt zum Beispiel KV-Profi Thorulf Müller ein. Mehr dazu lesen Sie auf http://www.pfefferminzia.de/derkvprofi-untersucht-neue-pflegepolicen-der-halleschen/).
Von der Pflegeversicherung gäbe es 1.550 Euro, an Rente noch einmal 1.050 Euro. Dann bleibt trotzdem eine Lücke von 1.800 Euro. Monat für Monat. 30 Prozent der Betroffenen sind dabei weniger als ein Jahr pflegebedürftig, das Gros mit 40 Prozent zwischen einem Jahr und fünf Jahren. Da kommt einiges zusammen. Eine private Pflegeversicherung, die das ausgleicht, ist also durchaus angebracht.
„Die Beratung geht am Bedarf vorbei“
Bei der Auswahl einer geeigneten Police schauen die meisten Berater und Kunden auf die Absicherung in Pflegestufe III. „Der derzeitige Ansatz am Markt, über die Leistung in Pflegestufe III zu beraten, geht überwiegend am tatsächlichen Bedarf vorbei“, sagt Gerd Güssler, Geschäftsführer von KVpro.de. So sieht das auch Carsten Mathé. „Rund 55 Prozent aller Pflegebedürftigen. sind der Pflegestufe I zugeordnet“, rechnet der Versicherungsspezialist von Plansecur vor. „Bei normalen Einkommens- und Rentenverhältnissen besteht in Pflegestufe I die größte Finanzierungslücke oder bei einer demenziellen Erkrankung“, so Mathé weiter. Insofern sei es wichtig, die Pflegestufen 0 und I in ausreichendem Maße zu versichern.
Gerade das Thema Demenz ist auf dem Vormarsch – worauf die Politik bereits reagiert hat. Seit 2008 bekommen Demenzkranke in Pflegestufe 0 beziehungsweise Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz von der Pflegepflichtversicherung einen monatlichen Grundbetrag von 100 Euro, bei vermehrter Betreuungsbedürftigkeit sind es 200 Euro. Das reicht natürlich bei Weitem nicht aus. „Demenzkranke, die nicht in Pflegestufe 0 fallen, benötigen trotzdem eine individuelle Betreuung“, so Güssler. „Dabei haben sie Kosten wie bei einer vollstationären Pflege in Pflegestufe II oder III.“
Gegebenenfalls überversichern
Um in Pflegestufe 0 und I ausreichend Leistung zu kassieren, muss die Pflegestufe III Güssler zufolge höher abgesichert sein oder „gegebenenfalls sogar überversichert“ werden, denn: „Aus der Höhe der Pflegestufe III leiten sich in der Regel die Leistungen in den anderen Pflegestufen ab.“ Der Analyst empfiehlt Beratern, so vorzugehen: Ermittle die Versorgungslücke in Euro je Pflegestufe und suche dann anhand der Beiträge die richtige Absicherung. Heißt: Wer in Pflegestufe 0 etwa 900 Euro versichern möchte, braucht in Pflegestufe III eine versicherte Summe von 4.500 Euro, wenn der Tarif in Pflegestufe 0 einen Anteil von 20 Prozent an der vereinbarten Summe in Pflegestufe III vorsieht.
Für Pfefferminzia hat Güssler mit seinem Team Pflegetagegeld-Tarife herausgefiltert, die auch in den niedrigeren Pflegestufen leisten. Ein Tarif, der speziell bei Demenz gute Leistungen bietet, ist Uni-PT plus der Universa. Zur Auswahl stehen dabei eine Komfort- und eine Premium-Deckungsvariante. Bei Komfort plus gibt es bereits in Pflegestufe 0 den vollen vereinbarten Tagessatz. Premium leistet darüber hinaus auch in den anderen drei Pflegestufen, wenn nach dem Sozialgesetzbuch ein erheblicher Betreuungsbedarf besteht. Außerdem ist eine Beitragsbefreiung in Pflegestufe III mitversichert.
Bei beiden Ergänzungstarifen gibt es eine jährliche Sonderzahlung in Höhe des 20-fachen Tagessatzes, die Versicherte frei verwenden können. Im Ergänzungstarif Komfort können sie auch eine Höherversicherungs- Option in Anspruch nehmen, die nach fünf und zehn Jahren sowie zum 50. Geburtstag ohne erneute Gesundheitsprüfung gezogen werden kann.
Doppelte Leistung bei Demenz
Bei der neuen Produktreihe Olgaflex der Halleschen lässt sich die Pflegestufe 0 mit 30 Prozent des versicherten Tagessatzes einschließen. Die Deckung gilt weltweit. Beim erstmaligen Eintritt in die Pflegestufe III gibt es eine Extrazahlung von 9.000 Euro. Ist der Kunde nach einem Unfall zum Pflegefall geworden, winken 22.500 Euro Unfallhilfe.
Der Select Care Pflege Tarif 430 des Münchener Vereins bietet bei erstmaliger Pflegeeinstufung oder bei unfallbedingter Pflegebedürftigkeit auf Wunsch eine einmalige Leistung von 10.000 Euro. Das Produkt beinhaltet eine Dynamik, die auch greift, wenn bereits eine Pflegebedürftigkeit besteht. Kunden können von Beginn an festlegen, dass sie im Pflegefall von den Beitragszahlungen befreit werden – auch in Pflegestufe 0.
Letzteres ist auch bei der Deutschlandpflege der Deutschen Familienversicherung möglich. Bei Arbeitslosigkeit, Arbeitsunfähigkeit und Eintritt des Versicherungsfalls ab Pflegestufe 0 können Versicherte eine Beitragsfreistellung vereinbaren. Sie können auch die Höhe der Demenzleistung in allen Pflegestufen frei wählen. Der Versicherer verdoppelt dabei auf Wunsch das Pflegegeld, wenn Demenz und Pflegebedürftigkeit in einer versicherten Pflegestufe zusammenfallen.
Demenz als Haftungsfalle
Demenz ist ein wichtiges Thema, dem die Versicherer also zunehmend Rechnung tragen. So hat zum Beispiel auch die Ideal, die sich auf ältere Kunden spezialisiert hat, ihre Pflege-Rente jüngst um einen Demenzbaustein erweitert. Pflegestufe 0 lässt sich jetzt optional mitversichern. Der Beitrag hierfür bleibt während der Gesamten Vertragsdauer stabil, tritt der Pflegefall ein, greift eine Beitragsbefreiung.
So wichtig das Thema ist, es ist auch ein ziemlich kompliziertes. „Alleine der Begriff Demenz stellt schon eine Haftungsfalle dar“, sagt Thorulf Müller, selbstständiger Berater zum Thema private Krankenversicherung. Eine spezielle Demenz-Form wie Korsakow falle häufig unter einen Leistungsausschluss, da sie die Folge massiver Alkoholsucht sein könne. Müller empfiehlt Beratern, sich mit dem gesamten Themenkomplex zu beschäftigen: „Alzheimer, vaskuläre Demenz, sekundäre Demenz und so weiter.“
Auch müsse man sich die Produkte genau anschauen und auf den Bedarf abstimmen. Müller: „Wenn der Kunde zum Beispiel bestimmte Vorerkrankungen hat, kommen nur noch bestimmte Versicherer infrage. Es gibt gute Versicherer mit guten Produkten – aber auch mit geradezu verbraucherfeindlichen Anträgen.“
Pefferminzia