Wer sich auf eine neue Stelle bewirbt, für den gehören Arbeitszeugnisse neben Anschreiben und Lebenslauf zur Bewerbungs-Dreifaltigkeit. Gerade bei den Zeugnissen sehen neue potenzielle Arbeitgeber genau hin. Wie arbeitet der Bewerber? Wie gut ist sein Fachwissen? Und ist er mit Vorgesetzten, Kollegen und Kunden gut ausgekommen? Arbeitszeugnisse müssen „wohlwollend und wahrheitsgemäß“ formuliert sein. Genau hier liegen die Tücken. Denn eine scheinbar freundliche Bewertung meint oft genug: durchgefallen. Wir helfen Ihnen, zwischen den Zeilen zu lesen.
Alles drin?
Der Aufbau eines Zeugnisses ist mittlerweile sehr standardisiert. Neben der Nennung von Namen, Dauer der Beschäftigung und Dienstort sind auch eine ausführliche Beschreibung der Aufgaben sowie Angaben über etwaigePersonalverantwortung Pflicht. Es folgt die Beurteilung von Leistung, Kenntnissen und Fähigkeiten sowie des Verhaltens gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitern. Auch der Umgang mit Kunden oder Geschäftspartnern wird thematisiert. Lässt der ehemalige Arbeitgeber einen der genannten Bereiche aus, ist das in den meisten Fällen kein Zufall. Vielmehr bedeutet es, dass die Leistungen der beurteilten Person hier sehr zu wünschen übrig gelassen haben – der Personaler schweigt sich vornehm darüber aus.
„Stets zur vollsten Zufriedenheit“
Auch bei den Bewertungsstufen gibt es mittlerweile feste Formulierungen, die sich mit Schulnoten gleichsetzen lassen. Die Bestnote haben Sie erhalten, wenn in der Formulierung ein Superlativ und ein Hinweis auf eine durchgängige Leistungenthalten sind. „Stets zur vollsten Zufriedenheit“ bedeutet übersetzt also eine Glatte 1. Eine Stufe abgeschwächt, aber immer noch mit positiven Adverbien, z.B. „voll“ oder „besonders“, bedeutet die Note 2. Fehlen diese Ausschmückungen, heißt das Note 3 oder weniger. Für besonders schlechte Leistungen haben sich sogar Negativmarker eingebürgert: „Er war bemüht“ bedeutet schlichtweg: „Er hat es versucht, ist aber gescheitert“.
Unterschätzte Floskeln
Am Ende des Zeugnisses sollten auch der Grund des Ausscheidens aus dem Unternehmen sowie Wünsche für die Zukunft zu finden sein. Auch hier kommt es auf die Formulierung an. „Die Mitarbeiterin verließ das Unternehmen in beiderseitigem Einvernehmen“ bedeutet meistens, dass die Mitarbeiterin „gegangen wurde“. Positiver klingt: „Die Mitarbeiterin hat das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlassen.“ Auch was sich nach freundlichen Floskeln am Ende des Textes anhört, ist ebenso wichtig. Denn bedauert der Arbeitgeber den Weggang des Mitarbeiters nicht und wünscht ihm nicht alles Gute für die weitere Zukunft, heißt das schlichtweg: „Wir sind froh, dass wir den Mitarbeiter loshaben und es ist uns egal, was aus ihm wird.“
Existenz umstritten: Geheimcodes
Neben den etablierten Ausdrücken nach Schulnotensystem kursieren immer wiederGerüchte über regelrechte Geheimcodes, die Personaler angeblich über die Zeugnisse an die zukünftigen Arbeitgeber übermitteln. So soll „er war gesellig und trug zur Verbesserung des Betriebsklimas bei“ nichts anderes heißen wie: „Er war oft betrunken.“ Solche Codes kommen jedoch bei seriösen Arbeitgebern kaum mehr vor.
Und wenn das Zeugnis schlecht ist?
Übrigens: Sie haben Rechtsanspruch auf ein Zeugnis – und Sie haben einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn Sie wegen falschen Aussagen im Arbeitszeugnis einen Job nicht bekommen. Lassen Sie es gar nicht erst soweit kommen! Sollten Sie mit Ihrer Bewertung nicht zufrieden sein, suchen Sie zunächst das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten oder Personaler. So können Sie gemeinsam der Beurteilung auf den Grund gehen.
Viel Erfolg im Beruf und immer die Bestnote!